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Maur
06.04.2024
06.04.2024 17:21 Uhr

Deponie-Alarm in Maur

Verstehen die Welt nicht mehr: Hanspeter (l.) und Marco Nef fürchten um ihren Betrieb.
Verstehen die Welt nicht mehr: Hanspeter (l.) und Marco Nef fürchten um ihren Betrieb. Bild: Thomas Renggli
Wo heute Kühe weiden und Vögel zwitschern, könnte schon bald Abfall entsorgt werden. Auf der Forch machte der Kanton Zürich einen «geeigneten Deponiestandort» aus. Auf der «Neuweid» ist ein Deponievolumen von 600'000 m3 geplant. Betroffen sind nicht nur 31 Hektaren Boden, sondern auch ein Landwirt.

Hanspeter Nef versteht die Welt nicht mehr. Der Landwirt, der im Maurmer Gemeindeteil Aesch seit 1988 einen Milchbetrieb mit 50 Kühen und 60‘000 Quadratmetern Land unterhält, wurde am vergangenen Donnerstag vom Kanton vor vollendete Tatsachen gestellt.

Sechs Hektaren seines Landes sind als «geeigneter neuer Deponiestandort» eingestuft worden (wir berichteten). Mit anderen Worten: Auf Nefs Land, wo normalerweise die Kühe weiden, könnte schon bald Müll entsorgt werden. Der Bauer schüttelt immer wieder den Kopf, während er auf das Schreiben des kantonalen Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft schaut. «Wenn das geschieht, können wir den Betrieb schliessen.»

«Niemand sah sich das Land an»

Hanspeter Nef und sein Sohn Marco wundern sich vor allem über die Entscheidungsfindung und die Kommunikation: «Es war nie jemand bei uns und hat sich das Land angeschaut. Und die Mitteilung, dass unser Land betroffen ist, erhielten wir nur wenige Stunden vor der Medienmeldung. Die meisten Betroffenen erfuhren von der Neuigkeit aus den Medien.»

Nef ärgert sich nicht nur darüber, dass damit «eine wunderbare Landschaft» zerstört werden könnte. Als geradezu grotesk empfindet er, dass exakt jener Boden schon einmal als Deponie von Bauschutt genutzt worden war, aber erst vor einigen Jahren mit 15‘000 Kubikmetern Humus wieder nutzbar gemacht wurde: «Der ganze Aufwand war dann für die Katz.»

Im Stich gelassen fühlen sich die Nefs auch von der Gemeinde Maur. Zwar sei ihnen klar, dass der Entscheid auf kantonalem Parkett gefällt wurde, von den eigenen Gemeinderäten hätte er sich aber Support erhofft: «Mit uns hat niemand gesprochen.»

Dicke Post von der kantonalen Baudirektion: Der Brief, der die Nefs vor vollendete Tatsachen stellt, erreichte die Nefs am gleichen Tag wie Meldung in den Medien. Bild: zvg

Kein Aprilscherz

Ähnlich perplex reagiert Ruedi Boller vom benachbarten Zweiradcenter. Zwar ist er nicht im gleichen Masse betroffen wie Landbesitzer Nef. Aber allein der Deponieverkehr dürfte sein Geschäft empfindlich tangieren. Immerhin hat der Unternehmer den Humor (noch) nicht verloren: «Wenn ich es nicht besser wüsste, hielte ich das Ganze für einen Aprilscherz.»

Eine Medienanfrage an die Gemeinde Maur ist gestartet, eine Antwort wird im Laufe der kommenden Woche erwartet.

Gefährdete Idylle: Auf der Neuweid in Maur könnte schon bald Abfall entsorgt werden. Bild: Thomas Renggli

Darum geht's

Die Zürcher Baudirektion hat im Rahmen einer «Gesamtschau Deponien» 23 neue Deponiestandorte ermittelt und diese am 5. April 2024 kommuniziert. Die Standorte sollen nun als Grundlage für eine Teilrevision des kantonalen Richtplans dienen. Neu dabei ist auch ein Standort in Maur.

Die Baudirektion sieht am Standort «Neuweid» in Maur eine Deponie auf einer Fläche von 8 ha vor. Das Volumenpotenzial beträgt gemäss Bericht 600'000 m3. Die durchschnittliche Schutthöhe beträgt 7 Meter.

Die Deponiezufahrt soll über die Regionalstrasse Aeschstrasse erfolgen, was eine Ortsdurchfahrt erfordern würde.

Gemäss Bericht eignet sich der Standort für eine Deponie Typ B (Inertstoffdeponie). Zudem sei der Standort voraussichtlich als Deponie Typ C und D geeignet.

Der heute eingedolte Forenwisbach soll unter Berücksichtigung des Gewässerschutz-Gesetzes geöffnet und renaturiert werden. Auf diese Weise könne der Standort auch ökologisch aufgewertet werden.

Ausserhalb des Eintrags im Kataster der belasteten Standorte wären mehrheitlich natürlich gewachsene Böden betroffen. Der Deponiebetrieb würde gemäss Bericht zu einem Verlust von Fruchtfolgefläche führen. Neben den Auswirkungen auf die Fruchtfolgeflächen müsse der Einfluss auf den nahen Wald in den nachgelagerten Verfahren untersucht werden. Zudem müssten Sicht- und Lärmschutzmassnahmen zu den angrenzenden Gebäuden definiert werden.

Quelle: Gesamtschau Deponien Standortdossier der Baudirektion des Kantons Zürich

Auf der «Neuweid» plant die Baudirektion des Kantons Zürich eine Deponie mit einem Volumen von 600'000 m3 auf 8 Hektaren. Bild: Baudirektion Kanton Zürich

Mehr über die Deponiepläne im Zürcher Oberland findest du im Themen-Dossier.

Thomas Renggli