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Gast-Kommentar
Region
14.06.2024
21.10.2024 09:51 Uhr

Der Lokaljournalismus hat eine Zukunft

Bild: Linth24
Mario Aldrovandi über die Geschichte der lokalen Berichterstattung und warum Lokalmedien wie die neu lancierte «Maurmer Zeitung» eine Zukunft haben.

Die meisten Lokalzeitungen entstanden als Lückenfüller für lokale Druckereien. Das war nicht nur in der Schweiz so. Neben Prospekten, Couverts und Broschüren konnten die Drucker so ihre Maschinen am Laufen halten und mit lokaler Werbung erheblich Geld verdienen.

Wichtige Rolle

Diese Ausgangslage hatte auch eine direkte Auswirkung auf die politische Ausrichtung: Weil sich lokale Unternehmer engagierten, war deren politische Stossrichtung eher gewerblich, konservativ bis freisinnig. Als regelmässige Publikation spielten sie eine wichtige Rolle in der lokalen Politik: Neben Bauanzeigen, Gantverkäufen, Werbung für lokale Geschäfte, Stellen- und Vermietungsanzeigen erschienen dort auch die Protokolle der Gemeindeversammlungen, die Aufrufe für Referenden und Abstimmungsresultate, die Hinweise auf das Ablesen des Stromverbrauchs oder Strassensperrungen.

Diese Art von Medienerzeugnissen gibt es heute nur noch selten. Allein in den letzten 20 Jahren sind in der Schweiz 70 Zeitungstitel verschwunden. Lokale und regionale Zeitungen wurden eingestellt oder zu grösseren Verbünden fusioniert. Gleichzeitig brach die Werbung ein: Homegate schluckte die Mietanzeigen, Jobscout die Stellenanzeigen und Google den ganzen Rest.

Ohne Geld kein Journalismus

Ohne Geld gibt es keine Journalisten und ohne genügend grosse Redaktionen gibt es keine Lokalberichte. Heute erscheinen aus Gemeinden Artikel nur noch bei skandalträchtigen Themen. Die Demokratie-relevanten Themen fallen unter den Tisch. Die Gemeinden und der Kanton versuchen das zu kompensieren. Jede Gemeinde betreibt eine eigene Website und der Kanton hat eigene Onlineauftritte für öffentlichkeitsrelevante Themen.

Das erste Problem dabei ist: Auf den Gemeinde-Websites erscheinen Artikel in grossen Abständen und unregelmässig. Auf der Kantonswebsite gibt es Berichte aus allen Gemeinden, nicht nur aus meiner. Es ist vom Leser und politisch Interessierten schlicht zu viel verlangt, sich selbständig auf die Suche nach relevanten Informationen zu machen, damit er informiert ist.

«Das Verknüpfen von gedruckten Nachrichten und Online-News ist die Zukunft des Lokaljournalismus.»
Mario Aldrovandi
Der 69-jährige Mario Aldrovandi ist seit 1986 im Journalismus engagiert. Von 2000 bis 2004 wohnte er in Maur. Bild: zvg

Eine Journalistenaufgabe

Ein zweites Problem ist: Behördeninformationen sind wichtig, aber sie decken nicht das ganze Spektrum an wichtigen Informationen ab. Auf der Website der Gemeinde erscheinen keine Leserbriefe, keine Hinweise von lokal engagierten Gruppen, keine kritischen Artikel. Das ist immer noch Journalistenaufgabe. Und schliesslich erscheinen auf der Website der Gemeinde auch keine Polizei- und Unfallmeldungen, keine Sportresultate, keine Berichte von Veranstaltungen, keine Kommentare zum lokalen Geschehen. Diese Informationen zu sammeln und zu präsentieren, auch das ist eine Journalistenaufgabe.

Diese Defizite will die Maurmer Zeitung beseitigen. Dabei wird eine Doppelstrategie gefahren: Es gibt einerseits das gedruckte Blatt, eben diese neue Maurmer Zeitung, die den Slogan «Unabhängig. Relevant. Muur pur.» mehrere Male pro Jahr umsetzen will, verteilt in die Briefkästen aller Maurmer Haushalte.

Und dann gibt es die neue Onlineplattform «Uster24». Hier werden alle Informationen in einer hohen Aktualität und Kadenz veröffentlicht. Für den Leser und die Leserin ist es nicht mehr notwendig, die Informationen aus allen möglichen Quellen mühsam selbst zu suchen. Darum arbeitet die Maurmer Zeitung bewusst mit dem Newsportal Uster24 zusammen und nutzt deren Kanäle und Technologie, statt aufwändig und teuer selbst einen Onlinekanal aufzubauen.

Die Redaktion der Maurmer Zeitung will also das «alte Papier» und das «neue Internet» sinnvoll verknüpfen mit dem Ziel, die Bevölkerung am Gemeindeleben und damit an der Demokratie teilhaben zu lassen. Das ist die Zukunft des Lokaljournalismus.

Dieser Beitrag ist am 14. Juni 2024 in der «Maurmer Zeitung» erschienen.

Mario Aldrovandi, Journalist