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Maur
12.07.2024
21.10.2024 09:18 Uhr

Generöser Umgang mit Spendengeldern

Ort der globalen Grosszügigkeit: das Gemeindehaus Maur.
Ort der globalen Grosszügigkeit: das Gemeindehaus Maur. Bild: tre
Die Gemeinde Maur unterstützt 47 nationale und internationale Hilfsprojekte mit 215'000 Franken pro Jahr. Der Grossteil des Geldes fliesst ins Ausland. Ob es aber je ankommt, ist höchst fraglich.

Die Gemeinde Maur ist spendabel, sehr spendabel. Sie unterstützt Projekte rund um den Globus mit jährlich 120'000 Franken – unter anderem die Stiftung BPN, die in Kirgistan Kleinunternehmen fördert, mit 5'000 Franken, oder das Projekt «Tafawoq» im Libanon mit demselben Betrag. Dieses hat sich den «Möglichkeiten für Beschäftigung und Arbeit» verschrieben. Die Stiftung Usthi, die sich Kinderhilfsprojekten in Indien widmet, erhält sogar 10'000 Franken.

Auch die Lepra- und Kinderhilfe in Indonesien wird berücksichtigt, die Noma-Hilfe in Burkina Faso und Niger, die Strapal Strategic Partnership in Nepal oder der Verein Lotus for Laos. Und, und, und...

Expertin warnt

Eine bekannte Basler Philanthropin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, macht beim Blick auf die dreiseitige Liste grosse Augen – und wundert sich vor allem über die Adressaten: «Dabei handelt es sich zur überwiegenden Mehrheit um Organisationen aus korrupten oder korruptionsgefährdeten Ländern. Wenn man nicht genau weiss und kontrolliert, wo und wie das gespendete Geld verwendet wird, sollte man sich in solchen Projekten nicht engagieren.» Für den Gemeinderat müsste bei diesen Spenden nach Meinung der Expertin ein einfacher Grundsatz gelten: «Würde ich das Geld auch aus der eigenen Tasche bezahlen? Nur dann darf man es überweisen.»

Schwerpunkte überarbeitet

Bei den von der Gemeinde gesprochenen 215'000 Franken handelt es sich faktisch um Steuergelder – aufgeteilt in Beträge bis 10'000 Franken, über die der Gemeinderat frei verfügen kann.

An einer Sitzung im August 2023 überarbeitete die Maurmer Exekutive die Schwerpunkte bei der Spendenvergabe und hielt unter anderem fest: «Der Gemeinderat richtet gestützt auf die im Gemeinderatsbeschluss vom 1. Dezember 2014 festgelegten Schwerpunkte und den Beschluss der Gemeindeversammlung vom 13. Dezember 2005 (Festsetzung Beiträge auf ein halbes Steuerprozent) und 10. Dezember 2007 (Ablehnung Verdoppelung Beiträge auf ein Steuerprozent) jährliche Beiträge für Projekte im In- und Ausland aus. Die Spendengesuche werden unter dem Jahr von der Abteilung Präsidiales gesammelt. Ende Jahr beantragt der Gemeindepräsident zusammen mit dem Ressortvorsteher Gesellschaft dem Gemeinderat die einzelnen Spendenvergaben in einem Sammelbeschluss.»

Lokale Adressaten im Inland

Nicht ganz so grosszügig wie im Ausland agiert die Gemeinde Maur innerhalb der Schweizer Grenzen. Aber auch hier werden 24 Einrichtungen mit insgesamt 85'000 Franken berücksichtigt – unter anderem die Institution Barbara Keller in Binz (5'000 Franken), die Stiftung Ancora Meilestei in Wetzikon (5'000 Franken) oder das Diakonenhaus Greifensee (3'000 Franken).

Für die Expertin machen solche Zuwendungen weit mehr Sinn. Schliesslich kenne man die Empfänger genau und könne auch nachvollziehen, was mit dem Geld geschieht. Für viele Projekte in Afrika, Osteuropa, Asien und Südamerika gelte das aber nicht. Deshalb sei es schon fast fahrlässig, sich als Gemeinde zu engagieren – umso mehr, als bereits der Bund (2023 mit insgesamt 3,5 Milliarden) sowie die Kantone sehr grosszügig sind. Bei Projekten im EU-Bereich stellt sich ausserdem die Frage: Hat die Schweiz mit der Kohäsionsmilliarde ihre «Schuld» nicht bereits beglichen?

Dieser Beitrag ist am 12. Juli 2024 in der «Maurmer Zeitung» erschienen.

Thomas Renggli, Redaktion «Maurmer Zeitung»