Eine Stunde von München entfernt entsteige ich eines Morgens Ende Juli dieses Sommers mit Horden anderer Tagesausflügler dem überfüllten Regionalexpress nach Salzburg. Eine kleine, grün lackierte Bahn rattert pfeifend und bimmelnd in acht Minuten von der Station in Prien am Chiemsee durch ein Wohngebiet zum Hafen im Ortsteil Stock. Dort empfängt das nach dem Gründer der örtlichen Schifffahrtsgesellschaft «Ludwig Fessler» benannte und einzige Schaufelradschiff auf Bayerns grösstem See die Touristen zur Fahrt auf die Herren- und Fraueninseln sowie weiter nach Gstadt.
Die grosse Tour unter stahlblauem Himmel erledigt an diesem heissen Tag die nach der Schutzheiligen des Chiemgaus benannte «Irmingard» (die Passagierschiffe auf dem Chiemsee heissen Edeltraud, Josef, Stefanie, Rudolf, Michael, Martin eben, Maximilian, Birgit oder Barbara und sind nach Schutzheiligen benannt).
Etwas entfernt vom Passagierhafen liegt auf dem Firmengelände der Chiemsee-Schifffahrt eine nur noch von Fotos bekannte, aber doch alte Freundin vom Greifensee vor Anker: das von «Oberland» auf «Martin» umgetaufte Motorschiff, welches seit nunmehr 18 Jahren seinen Dienst als Charterschiff auf dem Chiemsee leistet.
Im Dienst als «MS Oberland»
22 Jahre lang hatte die «Oberland» als kleine Schwester der «Salomon Landolt» Chartergruppen wie den Singkreis Maur über den See geführt und bewirtet. Anders als bei der widerstandsbeladenen Anschaffung der «Salomon Landolt» war die Ankunft des neu gebauten Schiffs, welches das 1982 zur Finanzierung verkaufte Carboot «Hecht» ersetzen sollte, mit Freude erwartet worden. Anfang Juli 1984 wurde das neue Schiff, das wie die «Salomon Landolt» in der Lux-Werft bei Bonn gebaut worden war, getauft.
Die Dienstzeit der «Oberland» auf dem Greifensee war unauffällig: Abgesehen von zwei Seegfrörnen im ersten und im letzten Winter als Teil der SGG-Flotte, einigen Auswasserungen für Reparaturen und hie und da einmal ein paar unsanften Begegnungen mit einem Landungssteg war nichts Gröberes geschehen.
2005 wurden der Verkauf der «Oberland» und der Bau des MS «David Herrliberger» in Luzern beschlossen. Vier Tage nach der Taufe der «David Herrliberger» am 23. Juni 2006 wurde die «Oberland» abgeholt und nach Prien an den Chiemsee überführt.