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Kommentar
Maur
01.03.2025
02.03.2025 08:50 Uhr

«Maurmer Post» neu denken

Für eine Dorfzeitung, die ihrem Namen gerecht wird, müssen alle Anspruchsgruppen miteinbezogen werden. (Symbolbild)
Für eine Dorfzeitung, die ihrem Namen gerecht wird, müssen alle Anspruchsgruppen miteinbezogen werden. (Symbolbild) Bild: AdobeStock
Der Gemeinderat will aus der «Maurmer Post» ein reines Verlautbarungsblatt machen, die Bevölkerung aber will eine unabhängige Dorfzeitung. Es ist Zeit für einen Neustart. Ein Kommentar von Barbara Tudor.

Der Gemeinderat Maur hat entschieden, die «Maurmer Post» zu einem Einweg-Kommunikationskanal umzufunktionieren, über den er seine amtlichen und weitere Mitteilungen kundtun kann, der aber keinen Diskurs mehr bietet (wir berichteten). Dies unter dem bisherigen Namen «Maurmer Post» zu tun, ist falsch. Die Bedürfnisse der Maurmer Bevölkerung nach einer Dorfzeitung zu ignorieren, ebenso.

Gemeinderat kann nicht Verleger sein

Gemeindebehörden sehen sich mit dem sich verändernden Informationsverhalten der Menschen konfrontiert und kommen nicht darum herum, ihre Kommunikationsstrategie anzupassen. Es ist legitim, dass sich auch der Gemeinderat Maur Gedanken darüber macht und Wege sucht, wie er seinen Informationsauftrag am besten erfüllen kann – nach den Vorfällen und Querelen der letzten zwölf Monate sowieso.

Ein gedrucktes und regelmässig erscheinendes Erzeugnis ist nach wie vor der beste Weg – in Kombination mit anderen Kanälen wie Homepage und Social Media – diesen Informationsauftrag zu erfüllen. In Maur hat das mit der «Maurmer Post» jahrelang gut funktioniert.

Ein Gemeinderat kann aber nicht Verleger einer klassischen Dorfzeitung sein und die redaktionelle Hoheit darüber haben. Es gehört nicht zur Aufgabe und auch nicht zur Kernkompetenz eines Gemeinderates, eine Zeitung herauszugeben, Redaktorinnen und Redaktoren zu beschäftigen und über ihre redaktionelle Arbeit zu entscheiden. Da bringt auch eine (neu) eingesetzte Kommission wenig, weil am Ende immer der Gemeinderat als letzte Instanz entscheiden wird.

Gegensätzliche Interessen

Der Gemeinderat hatte dies 2023 richtig erkannt und in dem Zusammenhang der Stimmbevölkerung vorgeschlagen, die Herausgabe der «Maurmer Post» an einen externen Partner auszulagern. Er wollte der Bevölkerung also genau das ermöglichen, was sie sich so sehr wünscht: Eine unabhängige Dorfzeitung, die neben amtlichen Informationen auch das Leben im Dorf abbildet und einen politischen und gesellschaftlichen Diskurs zulässt. Finanziert mit Steuergeldern.

Doch leider hingen die Maurmerinnen und Maurmer zu sehr an dem nostalgischen Gedanken fest, dass ihre Lokalzeitung im Dorf bleiben und von «eigenen Leuten» produziert werden müsse. Und so musste der Gemeinderat die «Maurmer Post» wohl oder übel unter den bisherigen Prämissen weiterführen.

Die Probleme fingen an, als die langjährige Chefredaktorin der «Maurmer Post» kündigte. Der neu (befristet) angestellte Chefredaktor, der selbst in der Gemeinde wohnt und die Gemeinde bestens kennt, war ein Glücksfall für die Gemeinde. Auch die Maurmerinnen und Maurmer waren begeistert von seiner Arbeit, vom frischen Wind, und sahen ihre Dorfpost aufgewertet.

Doch mit dem progressiveren Stil des erfahrenen Journalisten konnte der Gemeinderat nicht umgehen. Die eingesetzte Kommission versagte schlussendlich, als sie das Gut zum Druck für jene Ausgabe im Frühling 2024 erteilte, in der eine Gemeinde-Abteilung massiv beschuldigt wurde, ohne dass die betreffende Gemeindeabteilung die Möglichkeit gehabt hatte, Stellung zu nehmen.

Es braucht ein Umdenken und ein neues Produkt

Man kann den Entscheid des Gemeinderats, künftig nur noch ein Verlautbarungsheft ohne Diskurs herauszugeben, nachvollziehen. Er begeht aber einen grossen Fehler, wenn er denkt, er könne die bestehende «Maurmer Post» nun einfach umfunktionieren – und dies zu den gleich hohen Kosten wie bisher.

Damit ignoriert der Gemeinderat den Wunsch der Stimmbürger und ihr Auftrag aus der damaligen Abstimmung. Denn sie wünschen sich sowohl sachliche Informationen von Seiten Gemeinde als auch den politischen und gesellschaftlichen Diskurs in ihrer Lokalzeitung. Sie sind bereit, dafür weiterhin einen grossen Betrag an Steuergeldern auszugeben. Nicht der Gemeinderat finanziert die «Maurmer Post», es sind die Maurmer Steuerzahlenden. Gibt es die «Maurmer Post» in ihrer bisherigen Form nicht mehr, muss auch das Budget neu diskutiert werden.

Der Gemeinderat müsste die «Maurmer Post» in seiner bisherigen Form in der Konsequenz einstellen und ein neues, kostengünstiges Produkt mit neuem Namen schaffen. Ein Produkt, das bezüglich Kosten im regulären Kommunikations-Budget der Gemeinde Platz findet, so wie es das auch in diversen anderen Gemeinden tut.

Dabei müsste sich der Gemeinderat die Frage stellen, ob eine wöchentliche Erscheinung noch nötig ist oder z. B. eine monatliche Herausgabe ausreicht. Auch dies würde die Kosten deutlich senken.

Verein Maurmer Zeitung kann's nicht sein

So ehrenwert die Absichten des Vereins Maurmer Zeitung auch sein mögen, er kann nicht der künftige Herausgeber der «Maurmer Post» sein, in dessen Vorstand die beiden rausgeworfenen Maurmer-Post-Redaktoren sitzen und seither kaum ein gutes Wort an der Arbeit des Gemeinderates lassen.

Die Fronten gegenüber den Gemeindebehörden sind zu sehr verhärtet und das Vertrauen gegenseitig dahin. Vertrauen braucht es jetzt aber, damit – wenn überhaupt – eine neue, zukunftsgerichtete Dorfzeitung entstehen kann, wie es sich die Maurmerinnen und Maurmer so sehr wünschen.

Für eine neue Dorfzeitung, die weiterhin mit Steuergeldern finanziert werden soll, braucht es eine neue Denkweise, bei der Vertreter aller Anspruchsgruppen und unterschiedlichen Alters an einem Tisch sitzen und ihre Bedürfnisse einbringen können. Zu diesen Vertretern gehören nicht «nur» die Bevölkerung, sondern auch das Gewerbe, die Parteien, die Vereine.

Über die Zukunft der «Maurmer Post» kann nicht der Gemeinderat allein entscheiden. Über eine eigene neue Dorfzeitung können nicht ein paar wenige entscheiden. Es braucht alle. Und es braucht den Willen, neu zu denken und aufeinander zuzugehen.

Die Autorin ist diplomierte Verlagsfachfrau und seit über 25 Jahren in den Medien tätig. Barbara Tudor besitzt vier unabhängige Lokalzeitungen im Zürcher Oberland und ist Betreiberin von mehreren Online-Newsportalen, darunter von uster24.ch.

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Barbara Tudor