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Kanton
03.06.2025

Gesundheit am Arbeitsplatz: Mehr Fokus auf Psyche nötig

Der Kanton Zürich stärkt den Fokus auf psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und unterstützt Unternehmen mit einer spezialisierten Fachstelle für betrieblichen Gesundheitsschutz.
Der Kanton Zürich stärkt den Fokus auf psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und unterstützt Unternehmen mit einer spezialisierten Fachstelle für betrieblichen Gesundheitsschutz. Bild: AdobeStock
Die Gesundheit am Arbeitsplatz hat sich verbessert, doch psychische Erkrankungen nehmen zu – und verursachen hohe Kosten. Eine neue Studie des Kantons Zürich zeigt Handlungsbedarf.

Der wirtschaftliche Wohlstand im Kanton Zürich hängt eng mit der Gesundheit seiner Bevölkerung zusammen. Wie das neue Wirtschaftsmonitoring des Amts für Wirtschaft zeigt, hat sich beides seit 1990 klar verbessert: Das reale BIP pro Kopf ist um 22 Prozent gestiegen, gleichzeitig nahm die Lebenserwartung um 9 Prozent zu.

Arbeitsplätze heute vielseitiger und sicherer

Dank technischer und medizinischer Fortschritte ging auch die Sterblichkeit bei Krankheiten wie Krebs deutlich zurück. Die Zahl der Arbeitsunfälle ist seit den 1980er-Jahren um über 40 Prozent gesunken. Gleichzeitig bleiben viele Zürcherinnen und Zürcher länger gesund – und damit länger im Erwerbsleben. Die Erwerbsquote der über 65-Jährigen ist in der Schweiz von 9 Prozent (2010) auf 12 Prozent (2024) gestiegen. Viele Arbeitsplätze sind heute abwechslungsreicher, weniger stark von monotonen Routinen geprägt und sicherer als früher. Das wirkt sich auch auf die Zufriedenheit aus: Laut Gesundheitsbefragung sind acht von zehn Erwerbstätigen im Kanton Zürich zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer beruflichen Situation.

Produktionsverluste von über 2 Milliarden Franken

Neben positiven Entwicklungen zeigt das Zürcher Wirtschaftsmonitoring auch besorgniserregende Trends: Die Zahl der gesundheitsbedingten Absenzen hat seit 2010 deutlich zugenommen. Damals fehlte eine vollzeitbeschäftigte Person im Schnitt 6,1 Tage pro Jahr – 2024 sind es bereits 8,0 Tage. Die Gründe sind vielfältig: Die Pandemie hat das Verhalten verändert – kurze Absenzen sind häufiger geworden. Gleichzeitig arbeiten Menschen länger, bleiben dabei zwar länger gesund, fallen im höheren Alter aber bei Krankheit oft für längere Zeit aus.

Psychische Erkrankungen als Hauptursache

Ein weiterer Grund ist der Anstieg psychischer Erkrankungen, insbesondere bei jungen Menschen. Über die Hälfte aller neuen IV-Renten im Kanton Zürich (58 %) werden mittlerweile aufgrund psychischer Leiden gesprochen. Konflikte am Arbeitsplatz spielen oft eine auslösende Rolle, die Ursachen sind jedoch meist komplex und gesellschaftlich bedingt. Die steigenden Absenzen verursachen jährlich Produktionsverluste von über zwei Milliarden Franken. Neben dem persönlichen Leid bedeuten sie auch Wohlstandseinbussen und den möglichen Verlust von wertvollem Know-how.

Psychische Gesundheit rückt in den Fokus

Angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Arbeitskräftemangels will der Kanton Zürich gesunde Arbeitsbedingungen fördern – auch mit Blick auf die psychische Gesundheit. Diese wird für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen immer wichtiger.

Bisher konzentrieren sich die kantonalen Arbeitsinspektorate stark auf die Umsetzung des Unfallversicherungsgesetzes, das vor allem physische Risiken abdeckt. Zusätzliche Aufgaben im Bereich des Gesundheitsschutzes, insbesondere bei psychischen Belastungen, werden jedoch nicht vom Bund finanziert. Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh fordert deshalb ein Umdenken: Die heutigen Herausforderungen am Arbeitsplatz erfordern eine Ausweitung des Kontrollfokus – und eine entsprechende Finanzierung durch den Bund.

Pilotprojekt mit beratender Fachstelle

Bereits seit zwei Jahren betreibt der Kanton Zürich eine eigene Fachstelle für betrieblichen Gesundheitsschutz. Diese unterstützt Unternehmen bei der Prävention psychosozialer Risiken und ergänzt die Kontrollen der Arbeitsinspektorate. Zwischen 2024 und 2025 führte die Fachstelle 77 Beratungen in 128 Betrieben durch. Besonders gefragt ist die Integration von Gesundheitsschutz in betriebliche Abläufe – ein Zeichen für das wachsende Bewusstsein in der Zürcher Wirtschaft.

Zürioberland24/gg